Estland ist ein echter Urlaubsgeheimtipp, heißt es. Ich blogge über meine Vorbereitungen und meine Reiseerlebnisse. |
Tere* Tallinn - hast du mich geflasht! Ich hatte nun wirklich nicht viel erwartet. Okay doch, ich hatte erwartet, dass du toll bist, dass du mich beeindruckst. Aber du hast echt noch einen drauf gelegt. Was ich erwartet hatte, war eine Mischung aus gut erhaltenem, restauriertem Mittelalter-Gemäuer und neuen, modernen Bauten - und das hast du auch geliefert. Dazu hast du mir aber auch Dinge gezeigt, die einfach nur genial sind. So einfach, so clever, so fortschrittlich. Aber der Reihe nach! *(estnisch: "Hallo") Anreise und der Aha-EffektAm Dienstag, 09.07.19 bin ich mit Ryanair angereist. Der Flug von Weeze aus hat zwei Stunden gedauert, und schon um kurz nach zehn am Morgen betrat ich den Lennart Meri Flughafen in Tallinn-Ülemiste. Flott den Koffer geschnappt und dann planmäßig den R-Kiosk gesucht, um eine 5-Tages-Karte für den öffentlichen Nahverkehr zu erwerben. Diese kostet übrigens 6.- Euro. Also für fünf Tage. Nein, das ist kein Tippfehler. Nach einmaligem Umsteigen kam ich in Kalamaja an, Schlüsselübergabe, kurz Luft holen und dann einkaufen. Der Supermarkt schräg gegenüber heißt "Rimi", da bekommt man durchaus alles Nötige für das Frühstück. Etwas schwierig war das Einkaufen dennoch. Ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass ich die Produkte schon erkennen würde, oder dass alles neben estnisch auch in englisch beschrieben sein würde. Fehlanzeige. Und nur wenige Waren bzw. Marken kannte ich aus dem heimischen Supermarkt. Eigentlich finde ich das super, denn so entdeckt man auch Neues. Aber wenn man Quark nicht von Joghurt oder Frischkäse unterscheiden kann, wird es schon etwas schwierig. Aber so wurde selbst der erste Einkauf ein kleines Abenteuer. Hundert Meter weiter fand ich an der Haltestelle Balti Jaarma eine Markthalle namens "Turg". Da war ich das erste Mal geflasht. Sicherlich hundert kleine Händler unter einem Dach. Dazu noch Gastronomie, Antik-Geschäfte, und viel Platz um zu verweilen. Diese Markthalle ist wirklich ein echtes Erlebnis, weil die vielen Gerüche einen sofort einnehmen und Lust auf den Aufenthalt machen. Im Untergeschoss fand ich einen weiteren Supermarkt, in dem sich mir die gelebte Digitalität das erste Mal im Alltag zeigte. Ihr kennt alle die Schnellkassen beim Ikea, wo man die Barcodes selber einscannt und dann mit einer Karte seinen Einkauf zahlt. Der Nachteil hier: Man muss alle Waren am Ende einscannen, und das kostet Zeit. In Estland ist man klüger. Kleine Handscanner sorgen dafür, dass ich die Barcodes schon scannen kann, während ich das Produkt in meinen Einkaufswagen lege. Wenn ich dann am Ende an der Kasse nur noch diesen eingescannten Warenkorb der Kasse mitteile und mich mit meiner Kundenkarte ausweise, weiß der Supermarkt, was er mir abbuchen muss. Der Bezahlvorgang dauert dann nur 2 Minuten, egal wie viel ich eingekauft hatte. Außerdem nimmt so ein Bezahlterminal kaum Platz weg. Acht Stück brauchten in etwa den Platz, den eine Kasse samt Förderband braucht. Ein weiterer Unterschied in diesem Supermarkt: Es gab eine "Unverpackt-Theke", wo man Hülsenfrüchte und Cerealien selber abfüllen konnte. Beim Verlassen der Markthalle fiel mir noch was auf: Einzelparkplätze für Fahrräder. Nicht nur, dass man da Platz für Räder bot, sondern jedes Rad bekam eine dicke, stabile Säule und konnte das Rad hier sicher anschießen - Schloss inklusive. Die Registrierung erfolgt natürlich über eine App. Da sieht man mal wieder, was man alles machen kann, wenn man wirklich will. Ich muss allerdings auch dazu sagen, dass meiner Beobachtung nach hier längst nicht so vieler Räder unterwegs waren, wie in Deutschland. KalamajaWie schon früher hier geschrieben, bin ich in einer Ferienwohnung im Stadtteil Kalamaja untergekommen. In rund 15 Minuten kann man von dort aus die Altstadt erreichen, in der anderen Richtung erreicht man in ca. 20 Minuten die Küste und den Hafen für die fetten Kreuzfahrtschiffe. Kalamaja hat einen ganz gewissen Charme, der größtenteils durch diese alten Fischerhäuser geprägt wird. Sie sind mehrstöckig und von außen durch bunte Holzlatten verkleidet. Man findet wunderschön renovierte Häuser, aber leider auch solche, die auf ihre Renovierung noch warten. Dennoch macht das in Summe einen ganz besonderen Flair aus. Old Town TallinnDer erste Rundgang führte mich dann auch in die Altstadt und in die Touristen Information. Ja, man merkt hier schon, dass die Touristen die Haupt-Einnahmequelle sind. Etliche, in Mittelalter-Kluft gekleidete Leute versuchen, Passanten in ihre Restaurants zu locken. Das Thema "Mittelalter" ist überall vertreten, sei es als mittelalterliches Restaurant oder als Folterkammer im Keller. Ein Restaurant reiht sich an das Nächste, dazwischen das imposante Rathaus oder Kirchen. Und so viel altes Gemäuer. Aus Neugier trieb es mich in kleine Gassen und plötzlich stand ich an einem verzückten Ort. Eine Freilichtbühne - mitten im Hinterhof alter Häuser, die leider recht baufällig schienen. Nur zu gern hätte ich mir hier einen Shakespeare angeschaut. Leider finden aktuell keine Vorstellungen statt - und mit der Sprache hätte ich wohl auch so meine Probleme. ;-) Ohne zu wissen, wo ich da herumlaufe und was mir vor die Linse kommt, habe ich Motive geschossen, die mich faszinierten. Am Ende des Tages noch schnell was gegessen und dann müde ins Bett gefallen. Die letzte Nacht hatte nur drei Stunden - entsprechend kaputt war ich dann auch. Sehenswürdigkeiten ohne EndeIch habe oben ja schon erwähnt, dass die Innenstadt einigermaßen überschaubar ist. Der zweite Tag sollte etwas geordneter ablaufen. Ich habe mich gestern noch für die "Tallinncard" entschieden, mit der man in rund 40 Museen und Sehenswürdigkeiten freien Eintritt hat. Praktisch ist auch, dass man auf der Webseite der Stadt Tallinn berechnen kann, ob sich die Karte lohnt - je nach dem, welche Orte man besuchen möchte. Für drei Tage habe ich knapp 60.- Euro bezahlt. Das heißt nun: Sightseeing extrem. Angefangen habe ich in der südlichen Altstadt, auf dem "Toompea" - dem Domberg. Die erste, sehr beeindruckende Kirche war die Aleksander Nevski Katedraal. Wow. Von außen und von innen. Ich hatte noch nie zuvor eine orthodoxe Kirche besucht. Bilder durfte man innen leider nicht machen, aber glaubt mir: sehr viel Gold, sehr anders als bei uns, und sehr viel russisch bzw. kyrillisch. Toll! Tja, und dann kam leider etwas, womit ich in diesem Ausmaß nicht gerechnet hatte - und woran ich ja leider auch beteiligt bin... Massentourismus. Ich habe keine Ahnung, wo all diese hunderte Menschen herkamen. Eine Reisegruppe jagte die nächste. Deutsche, Italiener, Chinesen, Japaner, Russen... Ich kann nur vermuten, dass die fünf Riesenpötte, die ich später noch im Hafen liegen sehen durfte, daran beteiligt waren. AIDA und Co spucken sicherlich tausende Menschen jeden Morgen in die Altstadt. Alle kommen in Reisebussen den Domberg rauf - erst Chaos auf den Straßen und dann in den Gassen. So habe ich es leider nicht mehr in die weiteren Kirchen geschafft, denn die Schlange vor dem Eingang erinnerte an das Mädchenklo am Samstagabend... Also das war wirklich nicht mehr schön. Natürlich darf ich mich nicht beschweren. Aber ich gebe zu, dass ich vom schönen Domberg und seinen engen Gassen dann schnell genervt war. Ich versuchte mein Glück in den alten Türmen mit dem lustigen Namen "Kiek in de Kök". Dieses Festungsmuseum sollte mich die nächsten Stunden beschäftigen. Und Kreuzfahrttouristen haben offenbar nicht so viel Zeit, denn es war angenehm voll da drin. Die unterirdischen Gänge, aber auch der Gang auf der Festungsmauer haben mich dann sofort wieder versöhnt. Das war wirklich das Highlight des Tages - dachte ich. Der Aufenthalt hat sich nicht nur wegen der tollen Aussicht gelohnt. In den Türmen findet man zahlreiche Exponate der mittelalterlichen Zeit, von Kanonen über Folterinstrumente. Zudem gibt es in den alten unterirdischen Gängen auch eine große Auswahl an alten Grabsteinen und Inschriften. Ist wirklich lohnenswert, 2 Stunden sollte man sich da schon geben. Kleine Geschichte am Rand: An der Kasse erklärte man mir, dass es überall - auch in den Bastionsgängen unter der Erde - freies Wifi gibt und dass ich mir den Audio-Guide in meiner Sprache einfach runterladen soll. Wtf? Das zeigte mir mal wieder, wie weit Deutschland von der Digitalität im Alltag entfernt ist. Im Anschluss entschied ich, dass ich etwas Luft gebrauchen könne, außerdem war die Sonne rausgekommen. Also ab ans Wasser. Seaplane Museum und Patarei (Gefängnis)Wow. Und wow. Schon wieder! Bei der Touristen-Info hatte man mir am Vortag erzählt, dass es ein altes Gefängnis nun neu zu besichtigen gäbe: Patarei. Es liegt direkt neben dem "Seaplane Museum" - also machte ich mich am Nachmittag im Bus dahin auf die Reise. Das Gefängnis hinterließ ein beklemmendes Gefühl. Viele Jahre hatte die Sowjetunion hier Bürger eingesperrt, die dem Staat nicht passten. Unter der Bezeichnung "Kommunismus ist ein Gefängnis" kann man hier durch die Geschichte dieser alten Gemäuer wandern und viel über den Kommunismus und die Nutzung des Gefängnisses lesen. Puh, danach musste ich erstmal etwas verschnaufen und Luft schnappen. Mein vorletztes Ziel am heutigen Tag war dann das Seaplane Museum. Ich hatte keine Ahnung, was mich in dem alten Hangar erwarten würde und leider bringen die Bilder das auch bei Weitem nicht so rüber. Es war wieder ein Wow-Erlebnis. Tolle Architektur, geniale Ideen, spielende Elemente gepaart mit Multimedia-Effekten. Ein U-Boot, in der Luft hängende Schiffe und Flugzeuge, dazu militärische Elemente aus der Seefahrt. Dank 3D-Animation kann man sein eigenen Flugzeug fliegen und Kinder bekommen am eigenen Leib erklärt, was Wasserdruck ist. Toll! Zum Museum gehört außerdem auch ein Museumsschiff, welches im kleinen Yachthafen vor Anker liegt. Das habe ich zuletzt dann auch noch mitgenommen, bevor ich mich zurück nach Kalamaja aufgemacht habe. Am Ende des Tages stand einer der besten Burger samt estnischem Bier in einer Bar in Kalamaja. Im St. Vitus wird man super bedient und beraten, das Essen ist lecker und nicht teuer und man sitzt gemütlich und kann einen Tag entspannt ausklingen lassen. Morgen wird wieder ein anstrengender Tag voller Entdeckungen.
4 Kommentare
Petra
11/7/2019 00:08:19
Hi, wie klappt es mit der Verständigung? Wie ist das heimische Essen, und hast du dich bei deinen Einkäufen auch schon vergriffen?
Antwort
Ela
11/7/2019 06:56:47
Hey Petra,
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Hi Daniela,
Antwort
Ela
11/7/2019 18:59:55
Hey Felix,
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AutorinIch bin eine reiselustige Marketingfrau aus der Nähe von Köln. Am liebsten bereise ich Länder im Norden, da ich das raue Klima sehr mag. In diesem Blog berichte ich über Einzelheiten meines Estlandurlaubes zum Nacherleben und gebe Tipps für alle, die dieses Land auch bereisen möchten. Archiv
Juli 2019
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