Estland ist ein echter Urlaubsgeheimtipp, heißt es. Ich blogge über meine Vorbereitungen und meine Reiseerlebnisse. |
Okay, Estland ist Europa. In zwei Stunden in man in Tallinn. Es war keine Reise zum Amazonas. Trotzdem: In meinem Umfeld habe ich nur eine Reaktion erlebt, wenn ich vorher erzählte, dass ich nach Estland fliege: "Was, wohin? Estland? Wie kommst du denn da drauf? Was will man denn da?"
Das Bild, dass die Menschen von Estland haben: Ostblock, Kommunismus, Plattenbau, Armut, Kälte. Was ich vorgefunden habe, war eher genau das Gegenteil. Ich fand ein modernes europäisches Land, was in 20 Jahren fast alle Überreste der sowjetischen Besatzung umgebaut und umgewidmet hat, Menschen, die die Natur lieben und sie achten, eine offenbar gute Mittelschicht mit ordentlich Kaufkraft, saubere Städte und besonders saubere Natur, Traditionen, Innovation und Tatendrang und ein bißchen "heile Welt". Vergesst alles, was ihr vom "Osten" zu wissen glaubt! Estland ist eher wie Dänemark mit russischer Vergangenheit. Es ist definitiv mehr skandinavisch und es ist gar nicht "Ostblock". Zudem ist das Land mega digital - da kann Deutschland sich eine fette Scheibe abschneiden. Bargeld wird hier nicht benötigt, man kann seine zwei Kugeln Eis genauso mit Karte bezahlen, wie sein Stück Pizza. Dennoch ist Estland Historie, Tradition und Kultur. Das Mittelalter ist in Tallinn so gut erhalten wie in keiner anderen europäischen Stadt. Tallinn ist Kultur pur, mit Museen und Sehenswürdigkeiten soweit das Auge reicht. Nehmt euch für Tallinn Zeit: Mindestens eine Woche! Ich kann rückblickend sagen, dass die sechs Tage in der Hauptstadt zu wenig waren. Die ersten drei Tage bin ich mit der Tallinncard ja wirklich schon fast durch die Museen gehetzt, um möglichst viel sehen zu können. Irgendwann nimmt man aber natürlich auch nicht mehr viel auf - man ist einfach dicht. Zeit, mal in Ruhe einen Café zu trinken oder sich einfach treiben zu lassen hat man dann nicht mehr. Das ist schade. Wenn du also kulturell interessiert bist, dann nimm dir die Zeit für diese schöne Stadt. Hab keine Angst vor der Sprache! Ja, es hilft, Englisch zu können. Estnisch ist keine Sprache, aus der man viel ableiten könnte. Viele Übersetzungen sind dann russisch und englisch. Deutsch kommt erst nach und nach. Speisekarten sind z.B. meist in estnisch und englisch. Aber die Menschen sind toll, sie helfen dir, wenn du Probleme hast. Der Google Translator hat mir auch an manchen Stellen geholfen. Er kann mittlerweile auch Bilder abfotografieren und übersetzen. Lerne ruhig ein paar Brocken estnisch, die Leute lächeln und freuen sich, wenn du dich auf estnisch verabschiedest. Aitäh, Nägemist! Falls du campen möchtest: Informiere dich. Ich hatte hier schon darüber geschrieben, wie viele der Campingplätze in Estland ausgestattet sind. Wenn du dich für Camping entscheidest, solltest du entweder sehr spontan und flexibel sein, oder dich vorab gut informieren. Mach Urlaub in Estland! Es gibt wirklich gar keinen Grund, dieses süße und besondere Land mit der tollen Hauptstadt Tallinn nicht zu entdecken. Ich würde sogar zu einer kleinen Wohnung in Tallinn raten, anstatt ein austauschbares, großes Hotel zu überhöhten Preisen zu buchen. Aber wie du es auch machst: tu es! Wenn du Städtetripps magst und was mit alten Steinen anfangen kannst, dann sollte Tallinn nicht auf deiner Bucketlist fehlen. Mein Fazit Ich bin mit Tallinn und dem estnischen Festland noch nicht fertig! Ich habe Pärnu, Haapsalu, Rakvere und Tartu noch nicht gesehen. Daher muss ich wiederkommen. Wann das sein wird, weiß ich jetzt noch nicht. Aber ich bin froh, meine Vorurteile über Bord geworfen zu haben und erstmalig estnische Ostseeluft geschnuppert zu haben. Solltest du auch mal probieren - es lohnt sich!
4 Kommentare
Diesen Beitrag schreibe ich nun wehmütig von daheim. Das Rheinland hat mich wieder, ich bin bei "herrlichen" und schwülen 35 Grad gelandet und wünsche mir schon jetzt die Ostsee-Brise zurück.
Am vorletzten Tag habe ich meine Sachen gepackt und Saaremaa verlassen. Wie schon bei der Hinfahrt hatte ich auch diesmal mein e-ticket für die Fähre gebucht - alles verlief super reibungslos. Die Sonne hatte eine Pause gemacht, was für die knapp 4-stündige Reise zurück nach Tallinn angenehm war. Um kurz vor 15 Uhr traf ich am Flughafenhotel Ülemiste ein. Das ist ein Tagungshotel nach internationalem Standard, was direkt neben dem Flughafen in Tallinn liegt. Praktisch ist, dass daneben auch die Rückgabestation der Mietwagen liegt. Ich habe also im Hotel eingecheckt und dann den Wagen bei Europcar abgegeben. Hier sei auch mal erwähnt, dass ich bei Europcar keine Probleme hatte. Beim Abholen des Wagens hat man mir alle Beulen und Kratzer gezeigt, ich habe mir alles genau angeschaut und den Wagen dann übernommen. Ich hatte über check24 den Wagen und eine Premium-Versicherung gebucht. Europcar hat nicht versucht, mir hier noch irgendwas an Versicherungen anzudrehen. Bei der Rückgabe hat sich ein Mitarbeiter den (total verdreckten) Wagen angesehen und mir quittiert, dass keine neuen Schäden hinzugekommen sind. Das ist alles gut gelaufen - hatte aber natürlich auch seinen Preis. Der Stadtteil Ülemiste ist ein reines Gewerbegebiet. Aber es gibt eine riesige Shopping Mall - die Ülemiste Mall. Da ich bislang einen großen Bogen um all die riesigen Shopping Center gemacht hatte und nun ohnehin in Ülemiste fest steckte, habe ich diese Mall einfach mal besucht. Angeblich ist dies die größte Mall in Estland und über 160 Geschäfte locken mit ihren Angeboten. Nix wie hin! Eins weiß ich jetzt: Das Temperaturempfinden in Estland ist nicht identisch mit dem in Deutschland. Wenn ich was von 25 Grad lese, denke ich eigentlich: Jeans und T-Shirt sind grade noch okay. Aber wenn du in der prallen Sonne sitzt, fühlen sich diese 25 Grad eher nach 32 Grad an. Darauf war ich leider kleidungstechnisch nicht eingerichtet... Mit der einzigen dünnen Hose und einem T-Shirt bekleidet besuchte ich also nun den Stadtstrand in Kuressaare. Hier, im Schatten der Arensburg, findet man ein tolles Areal mit Sport- und Freizeitangeboten. Die riesigen Grünflächen mit unzähligen Parkbanken laden zum Verweilen ein. Es gibt einen kleinen Strand, der direkt in einem riesigen Spielplatz mündet. Daneben finden sich Beach-Volleyball-Felder und ein Kettcar-Verleih. Natürlich gibt es hier Umkleiden und Duschen sowie einen kleinen Kiosk. Hier konnte ich herrlich den Tag genießen, wechselweise in der Sonne oder im Schatten sitzen und das laufende Beach-Volleyballturnier verfolgen.
Herrlich - auch das muss im Urlaub mal sein. Da der nächste Tag auch schon wieder sehr heiß werden sollte, beschloss ich, meinen Urlaub auf der Burg zu beenden und noch einen weiteren Tag Sonne zu tanken, bevor es dann wieder nach Tallinn zurück geht. Am Abend machte ich in Kuressaare noch ein paar wirklich schöne Bilder der Gässchen dieser süßen, kleinen Altstadt und verabschiedete mich von "meiner" Burg. Ein letztes Essen im Saaremaakera - und dann ab in die Wohnung zum Koffer packen. Nachdem die Burg besichtigt und der Ort Kuressaare erkundet wurde, mache ich mich nun auf in die Natur. Mit einer Inselkarte bewaffnet, versuche ich, die ausgewiesenen Orte zu finden, wo es Strände, Leuchttürme oder Windmühlen gibt. Leider ist das alles gar nicht so leicht, wie ich dachte, denn oftmals fehlen Hinweisschilder an der Straße und man kann nur "nach Gefühl" fahren. Ihr müsst euch das so vorstellen:
Die Insel ist komplett mit Wald bewachsen. Durch diesen Wald hat man dann irgendwann große, breite Straßen von Nord nach Süd und von Ost nach West gebaut. Von diesen Straßen gehen dann auch kleinere Stichstraßen ab. An denen findet man dann auch hier und da ein Dorf. Das heißt, es stehen 5-15 Häuser etwas dichter beieinander und man hat auch mal ein paar Bäume dafür gefällt. Ansonsten dichter Wald. Von diesen kleineren Straßen führen dann noch kleinere, teilweise unbefestigte Schotterstraßen ab - ins Nirgendwo. Möglicherweise enden diese Straßen an tollen Buchten oder Stränden, vielleicht auch an einem Leuchtturm oder einfach an einem Haus. Dank des dichten Waldes kann man das leider nie wissen. Oftmals trifft man am Ende auch Campingplätze an - die jedoch keine Ähnlichkeit mit denen in Deutschland haben. Jedenfalls steht meistens an der Straße nicht dran, wohin man am Ende kommt... Laut Google Maps sollte es an einer Stelle einen Leuchtturm geben, ich schaltete die Navigation ein und wunderte mich schon, warum ich für 18 km rund 40 Minuten brauchen sollte. Aber okay, ich weiß jetzt, dass manche Schotterstraßen nicht schneller als mit 20 km/h befahren werden sollten... Der Mietwagen will ja heil zurück gebracht werden. Irgendwann nach ca. 8 km Schotterpiste wurde der Weg zum Matschweg und führte in einen noch dichteren Wald. Ich habe es dann einfach gelassen, hier noch weitere Abenteuer zu suchen und bin umgekehrt.. Die letzten beiden Tage habe ich Abschied gefeiert und mich auch gleichzeitig auf eine neue Ankunft auf Saaremaa gefreut. Am letzten Tag in Tallinn habe ich das Schlosss Katharinental bzw. dessen riesige Parkanlage besucht. Das Schloss samt seiner Blumenpracht liegt im Stadtteil Kadriorg und ist auf jeder Postkarte zu finden. Klar, dass ich mir das auch noch live ansehen wollte. Leider hatte das Museum geschlossen, aber der Park und auch der Japanische Garten waren eine Augenweide. Das Barockschloss wurde von Zar Peter dem Großen 1718 für seine Frau Katharina I. erbaut. Er benannte das ganze Gebiet mit seinem prachtvollen Schloss, den Gärten und den Nebengebäuden "Katharinental" - was auf estnisch Kadriorg heißt. Wenn ich auch das Kunstmuseum nicht besuchen konnte - die Parkanlage hätte ich nicht missen wollen. Ein Traum. Nach diesem Besuch habe ich dann schon meinen Koffer gepackt und mich auf meine Abreise Richtung Saaremaa vorbereitet. Das Ticket für die Fähre schnell online gebucht, den Wecker gestellt und mich auf das nächste Ziel gefreut. Nach den Strapazen der letzten Tage war es höchste Zeit, mal weiter in die Natur zu kommen und zu entspannen.
In meinen Vorbereitungen auf diese Reise hatte ich mir ja schon viele Stationen gespeichert, die ich besichtigen wollte. Dazu zählen verschiedene Buchten, Nationalparks, Leuchttürme und andere schöne Plätze. Nachdem ich also den Mietwagen am Flughafen geholt hatte, ging es in den Nord-Westen an einen der Badestrände, der sich im Einzugsgebiet von Tallinn befindet. Hier trifft man keine Touristen mehr an. Circa zwanzig Menschen haben sich dort am Strand einen schönen Tag gemacht. Aktuell scheint die Sonne bei ca. 21 Grad, die sich aber deutlich wärmer anfühlen. Der Skandinavier hat offenbar ein dickes Fell, denn bei diesen Temperaturen geht man hier durchaus in der Ostsee baden. Ich für meinen Teil bevorzugte den kleinen Naturpfad, der vom Strand zu einem Vogelbeobachtungsturm führte. Links und rechts des Weges immer wieder wild blühende Pflanzen, kreuz und quer - es summte aus jeder Ecke. Der Sightseeing-Tag Nummer drei sollte nochmal alles fordern. Nach den vielen mittelalterlichen Steinen zog es mich heute mal etwas hinaus, vor die Tore der Stadt. Den Start machte der "Teletorn" - der Fernsehturm Tallinns. In wenigen Sekunden wird man auf 170 Meter hochgefahren und von oben hat man eine beeindruckende Sicht auf Tallinn, den Hafen und das ganze Umland. Das Wetter hatte es heute gut gemeint und somit gab es freie Sicht über viele Kilometer hinweg. Hier und da konnte man durch einen gläsernen Boden gucken. Auf der Plattform selbst gab es auch noch eine multimediale Ausstellung zum Thema "DNA des Menschen". Der Eintritt war in der "Tallinncard" enthalten, daher war das okay. Die 13.- Euro Eintritt sind ansonsten schon etwas übertrieben.
Ich hatte es gestern schon erwähnt: Ich habe diese Tallinncard gekauft, mit der man in über 70 Sehenswürdigkeiten und Museen umsonst oder rabattiert rein kommt. Wenn die Auswahl so groß ist, muss man sich echt anstrengen. Heute habe ich es auf sage und schreibe elf Sehenswürdigkeiten gebracht. Und jetzt habe ich ordentlich platte Füße. Treppen kann ich auch keine mehr sehen. Gefühlt habe ich genug Treppenstufen für die nächsten fünf Jahre absolviert. Ich muss mal googeln, wie viele Türme Tallinn eigentlich hat. Ich bin auf jeden Fall jeden einzelnen rauf gerannt... ;-) Angefangen mit der "Tallinn Town Wall", die die Türme Nunnetorn und Saunatorn verbindet. Direkt danach kommt dann der Eppingtower, den ich auch bestiegen habe. In den Türmen sind dann auch kleine Mussen, die das mittelalterliche Tallinn zeigen. Ritterrüstungen, Speere, Katapulte und Schwerter zum Anfassen findet man hier reichlich. Wahrscheinlich denkt ihr jetzt auch schon: Schon wieder Türme?
Ja, die Stadtmauer von Tallinn ist halt super erhalten, und sie bietet einfach immer ein tolles Fotomotiv. Aber viel mehr Türme werden jetzt nicht mehr kommen - versprochen. Tere* Tallinn - hast du mich geflasht! Ich hatte nun wirklich nicht viel erwartet. Okay doch, ich hatte erwartet, dass du toll bist, dass du mich beeindruckst. Aber du hast echt noch einen drauf gelegt. Was ich erwartet hatte, war eine Mischung aus gut erhaltenem, restauriertem Mittelalter-Gemäuer und neuen, modernen Bauten - und das hast du auch geliefert. Dazu hast du mir aber auch Dinge gezeigt, die einfach nur genial sind. So einfach, so clever, so fortschrittlich. Aber der Reihe nach! *(estnisch: "Hallo") Anreise und der Aha-EffektAm Dienstag, 09.07.19 bin ich mit Ryanair angereist. Der Flug von Weeze aus hat zwei Stunden gedauert, und schon um kurz nach zehn am Morgen betrat ich den Lennart Meri Flughafen in Tallinn-Ülemiste. Flott den Koffer geschnappt und dann planmäßig den R-Kiosk gesucht, um eine 5-Tages-Karte für den öffentlichen Nahverkehr zu erwerben. Diese kostet übrigens 6.- Euro. Also für fünf Tage. Nein, das ist kein Tippfehler.
Nach einmaligem Umsteigen kam ich in Kalamaja an, Schlüsselübergabe, kurz Luft holen und dann einkaufen. Der Supermarkt schräg gegenüber heißt "Rimi", da bekommt man durchaus alles Nötige für das Frühstück. Etwas schwierig war das Einkaufen dennoch. Ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass ich die Produkte schon erkennen würde, oder dass alles neben estnisch auch in englisch beschrieben sein würde. Fehlanzeige. Und nur wenige Waren bzw. Marken kannte ich aus dem heimischen Supermarkt. Eigentlich finde ich das super, denn so entdeckt man auch Neues. Aber wenn man Quark nicht von Joghurt oder Frischkäse unterscheiden kann, wird es schon etwas schwierig. Aber so wurde selbst der erste Einkauf ein kleines Abenteuer. Hundert Meter weiter fand ich an der Haltestelle Balti Jaarma eine Markthalle namens "Turg". Da war ich das erste Mal geflasht. Sicherlich hundert kleine Händler unter einem Dach. Dazu noch Gastronomie, Antik-Geschäfte, und viel Platz um zu verweilen.
Jedes Mal, wenn ich eine Reisesendung bzw. Doku angesehen habe, und dort ein Tipp gegeben wurde, habe ich mir den notiert. Angefangen von typischen Bäckereien in Kalamaja, leckere Restaurants in Tallinn bis hin zum Nationalpark oder Wasserfall.... Alles habe ich notiert, damit ich auch jeden Tipp parat habe, wenn ich vor Ort bin.
Ich habe bislang eine Sammlung der oben genannten Tipps und den Infos, die ich im Netz recherchiert habe zusammengestellt. Diese beziehen sich in erster Linie auf Naturschutzgebiete, Leuchttürme, historische Gebäude oder andere Sehenswürdigkeiten außerhalb Tallinns.
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AutorinIch bin eine reiselustige Marketingfrau aus der Nähe von Köln. Am liebsten bereise ich Länder im Norden, da ich das raue Klima sehr mag. In diesem Blog berichte ich über Einzelheiten meines Estlandurlaubes zum Nacherleben und gebe Tipps für alle, die dieses Land auch bereisen möchten. Archiv
Juli 2019
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